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BRIEF AN DEN WEIHNACHTSMANN |
Eine Geschichte von Fulton Dursler |
Vor etlichen Jahren lebte in einer englischen Stadt ein Mann, den ich Fred Armstrong nennen will. Er war im Postamt tätig, wo er die falsch oder unleserlich adressierten Sendungen zu bearbeiten hatte. Er wohnte in einem alten Haus mit seiner kleinen Frau, einer noch kleineren Tochter und einem ganz kleinen Sähnchen. Er liebte es, sich nach dem Abendbrot eine Pfeife anzuzünden und den Kindern zu erzählen, was für Meisterstücke an Findigkeit er heute vollbracht hatte. Er fühlte sich ganz als Detektiv. Keine Wolke trübte seinen bescheidenen Horizont. |
Keine Wolke, bis an einem sonnigen Morgen sein kleiner Bub plötzlich krank wurde und binnen achtundvierzig Stunden starb. Von diesem Tag an war auch Fred Armstrongs Seele wie erstorben. Die Mutter und das Töchterchen Marian bemühten sich, gegen ihren Schmerz zu kämpfen und sich nach Möglichkeit in das Unwiderrufliche zu fügen. Nicht so der Vater. Sein Leben war jetzt gleichsam ein verirrter Brief ohne Ziel. Am Morgen stand er vom Bett auf, um wie ein Schlafwandler seine Arbeit zu verrichten, er redete nie ein Wort, außer wenn er angesprochen wurde, aß sein Mittagbrot allein, saß beim Abendbrot am Tisch wie ein steinerner Gast und ging früh wieder zu Bett. |
Aber seine Frau wusste, dass er fast die ganze Nacht mit offenen Augen dalag und zur Decke hinaufstarrte. Die Monate von Mai bis Dezember gingen dahin, aber er schien nur immer tiefer in seine Apathie zu versinken. Die Frau hielt ihm vor, dass eine solche Verzweiflung ein Unrecht an ihrem verstorbenen Jungen sei und ein Unrecht an den Lebenden. Aber nichts von dem, was sie sagte, schien bis zu ihm zu dringen. |
Eines wintergrauen Nachmittags saß Fred Armstrong auf seinem hohen Bürohocker und schob soeben einen neuen Stoß Briefe unter die elektrische Hängelampe. Obenauf lag ein Brief, bei dem er sich nicht lange den Kopf zerbrechen brauchte, ob er zustellbar sei oder nicht. "An den Weihnachtsmann, Nordpol", stand in ungelenker Blockschrift mit Bleistift auf dem Umschlag geschrieben. Armstrong wollte ihn schon wegwerfen, als ein unbestimmtes Gefühl ihn davon abhielt. Langsam öffnete er den Brief und las: |
"Lieber Weihnachtsmann, wir sind sehr traurig bei uns daheim dies Jahr, und ich möchte nicht, dass du mir etwas bringst. Letztes Frühjahr ist mein Brüderchen in den Himmel gekommen. Ich hab bloß eine Bitte an dich, wenn du in unser Haus kommst, dass du Brüderchens Spielsachen mitnimmst. Ich werde sie in die Ecke beim Küchenherd tun, sein Steckenpferd und seine Eisenbahn und alles. Ich weiß, er wird sich im Himmel droben ganz verlassen fühlen ohne seine Sachen, besonders ohne sein Pferd. |
Er ist immer so schrecklich gern darauf geritten, deshalb musst du sie bitte für ihn mitnehmen, und es ist auch gar nicht nötig, dass du für mich etwas dalässt, aber wenn du Vati etwas bringen könntest, dass er wieder seine Pfeife raucht und mir Geschichter, erzählt, so wünsche ich von Herzen, du würdest es tun. Ich habe ihn einmal zu Mutti sagen hören: Mich kann nur die Ewigkeit heilen. Könntest du ihm davon etwas bringen? Ich will auch immer sein dein braves, kleines Mädchen Marian." |
An diesem Abend ging Fred Armstrong mit rascheren Schritten heim durch die erleuchteten Straßen. Im Vorgarten blieb er in der Winterdunkelheit stehen und zündete sich seine Pfeife an. Als er dann die Küchentür öffnete, blies er eine große Rauchwolke vor sich her, und sie legte sich wie ein lichter Schein um die Köpfe seiner überraschten Frau und Tochter. Und er lächelte ihnen zu, ganz so, wie er es früher immer getan hatte. |
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